Bodyweight Training – No Gym no Problem! Oder doch?
Bodyweight Training vs. Heavy load Resistance Training
Geschlossene Sportanlagen, das Gym ist zu und die Hantelsets sind überall ausverkauft. Die vergangenen Monate haben uns alle zu kreativen Trainingsalternativen gezwungen. Eine immer wieder propagierte Methode ist das Bodyweight Training, also das Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht. Was diese Methode wirklich kann und was nicht, möchten wir dir in diesem Artikel erklären.
Ein Grundprinzip der Trainingslehre besagt, dass ein Trainingsreiz adäquat sein muss bezüglich Intensität, damit er eine Wirkung erzielt. So einfach wie das klingt, ist es leider nicht. Denn was genau heisst adäquat? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir Trainingsreize quantifizieren können. Hier hat sich im Krafttraining der Begriff «1 Repetition Maximum» (1RM) durchgesetzt. Er bezeichnet das Gewicht, dass du gerade noch ein einziges Mal bewegen kannst.
Abhängig von diesem Wert kannst du über folgende Stellschrauben die Intensität einer Übung in einer Krafttrainingseinheit steuern:
- Zusatzgewicht
- Anzahl Wiederholungen
- Anzahl Sets
- Pausen zwischen den Sets
Wenn wir nun Bodyweight Training mit Heavy Load Resistance Training vergleichen wollen, müssen wir uns zuerst anschauen, was überhaupt Effekte sind, die wir mit Krafttraining erzielen können. Wenn es darum gehen soll eine Maximalkraftzunahme zu erzielen, kommen zwei dominierende Effekte in Frage:
- Hypertrophie (Zunahme des Muskelquerschnitts)
- Intramuskuläre Koordination (Neuronale Ansteuerung)
In diesem Post werden wir die Effekte der beiden Trainingsformen auf die Hypertrophie erläutern. Auf die intramuskuläre Koordination werden wir in einem zweiten Teil genauer eingehen.
Eine wichtige Grundsatzfrage ist, wo der Endpunkt einer Serie liegen soll. Um die zwei verschiedenen Methoden vergleichen zu können, gehen wir davon aus, dass wir die Übung bis zur vollständigen muskulären Erschöpfung ausführen, wir das Gewicht also nicht mehr aus eigener Kraft bewegen können. So ergeben sich logischerweise beim Bodyweight Training je nach Übung sehr hohe Wiederholungszahlen, damit wir überhaupt am Punkt der vollständigen Muskulären Erschöpfung landen.
Genau da liegt die grosse Problematik beim Bodyweight Training. Denn für die allermeisten Übungen liegen wir ausserhalb des optimalen Gewichtsbereichs. In den letzten Jahren wurden Belastungsprotokolle für maximale Hypertrophie immer wieder diskutiert und traditionelle Ansichten in Frage gestellt. So konnten in Studien zum Beispiel ähnliche Veränderungen im Muskelquerschnitt gezeigt werden nach Low Load Trainings (<60% 1RM) sowie in High Load Einheiten (> 60% 1RM) (Schoenfeld et al., 2017). Jedoch wurden diese Studien allesamt mit untrainierten Probanden durchgeführt. In solchen Individuen treten sogar Hypertrophieeffekte nach aerobem Ausdauertraining auf (Konopka & Harber, 2014).
Natürlich werfen diese Studien auch die Frage auf, welche Muskelfasern bei welchem Training an Querschnitt zunehmen. Hierzu gibt es Tendenzen, dass die Adaptionen wohl eher faserspezifisch sind, also Low load eher zu mehr Hypertrophie in langsam zuckenden Fasern (Typ I) und high load eher grössere Querschnittveränderungen in schnell zuckenden Fasern bewirken (Typ II) (Grgic & Schoenfeld, 2018). Somit wäre der Effekt des High Load Krafttrainings aus funktioneller Sicht dem Bodyweight Training überlegen, sofern das Ziel der Hypertrophie langfristig die Steigerung der Maximalkraft und des sportspezifischen Transfers sein soll.
Krafttraining ist auch im Ausdauersport wichtig
Aber auch für Ausdauersportler hat das High Load Krafttraining einen entscheidenden Vorteil, der gerne Unterschätzt wird. Gerade bei intensiven Belastungen wie langen Strecken und Bergläufen (mechanische Belastung beim Abwärtslaufen!) sind Knochen, Gelenke und Sehnen stark gefordert. Diese passiven Strukturen müssen entsprechend auf solche Belastungen vorbereitet werden. Dies gelingt langfristig nur über Heavy Load Krafttraining.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass du mit Bodyweight-Training über hohe Wiederholungszahlen durchaus den Muskelquerschnitt vergrössern kannst. Wenn dir dabei als Schnellkraftsportler wichtig ist, dass dein Muskelzuwachs auch funktionell wirksam ist, solltest du die Übungen so wählen oder modifizieren, dass der Load höher ist, als 60% deines 1RM. Die Faustregel ist, dass du im Bereich 8-12 Wiederholungen liegen solltest, (bis zur Muskulären Erschöpfung.) Du kannst zum Beispiel Übungen einbeinig oder einarmig ausführen um die Übung zu erschweren. Bei vielen Übungen wirst du aber um Zusatzgewicht nicht herumkommen, damit du den Muskel genug ermüden kannst und deine passiven Strukturen genügend stärkst.
Gerne beraten wir dich zum Thema Krafttraining. Schreib uns deine Fragen in die Kommentare!